Georgier*innen
in der Schweiz

Zu der Zeit, als die ersten Schweizer Bergsteiger die Kaukasusgipfel eroberten und Schweizer Unternehmer erfolgreich die Milchwirtschaft entwickelten, machte sich die erste Gruppe junger Georgier in umgekehrter Richtung auf den Weg, um an den Schweizer Hochschulen zu studieren. Beispielsweise Niko Nikoladze (1843–1928). Der Schriftsteller, Jurist und Politiker Niko Nikoladze war der erste Georgier, der im Jahr 1868 an der Universität Zürich promovierte. Seine Dissertation wurde in Genf auf Französisch publiziert. Er war zudem der erste Georgier überhaupt, der seine Dissertation in einer fremden Sprache verfasste. Niko Nikoladze folgten bald die ersten Georgierinnen an die Universität Zürich. Sie zeigten großen Mut und schafften es, ihren Weg nach Europa zu gehen. Im Russischen Reich war Frauen der Zugang zu Universitäten verwehrt. Die Schweiz bildete hier eine Ausnahme.

1873 gründete Niko Nikoladze zusammen mit anderen georgischen Studenten in Zürich den Verein „Ugeli" (Joch). Dieser unterstützte die Idee eines föderalisierten Russlands nach Schweizer Vorbild. Nach ihrer Rückkehr in die Heimat fielen einige der Intellektuellen der bolschewistischen Repression zum Opfer.  Mit der Universität Zürich ist auch die Tätigkeit des großen georgischen Linguisten

Kita Tschenkéli (1895–1963) eng verbunden. Nach dem Zweiten Weltkrieg zog er aus Hamburg nach Zürich um an der Universität Zürich Georgisch zu lehren.  Der Sozialdemokrat und spätere erste Vorsitzende der Regierung der Demokratischen Republik Georgien, Noe Schordania (1868–1953), erhielt 1893 politisches Asyl in Genf. 1918 eröffnete die Demokratische Republik Georgien ihr Konsulat in Bern. Khariton Shavishvili (1886–1975) wurde im November 1918 zum Vertreter Georgiens im Völkerbund, der Vorgängerorganisation der Vereinten Nationen, in Genf ernannt. Grigol Robakidse  (1882–1962) georgischer Schriftsteller, der mitunter auf Deutsch schrieb. Er war einer der Begründer der modernen psychologischen Erzählung in Georgien. 1931 verließ Robakidse Sowjet-Georgien und ging ins Exil nach Deutschland und lebte in Berlin. Wegen dieser Kooperation mit dem NS-Regime musste er bei Kriegsende Deutschland verlassen und ging in die Schweiz. Von 1945 bis 1962 lebte Robakidse in der Schweiz, zuletzt in Genf. Er war dort ein aktives Mitglied der Europäischen Schriftsteller-Vereinigung und Mitherausgeber der wissenschaftlich-literarischen Zeitschrift Bedi Kartlisa (dt. Schicksal Georgiens).

Heutzutage besteht die georgische Gemeinde in der Schweiz aus ca. 1'500 Personen. Die meisten sind Akademiker*innen, Wissenschaftler*innen und Kulturschaffende.

Text: © Elene Chechelashvili